Bei diversen Holzarbeiten (z.B. beim Bogenbau) verwende ich ein superscharfes Ziehmesser (oft auch als Zugmesser, Zieheisen oder Reifmesser bezeichnet). Um die Klinge (und natürlich auch meine Finger) zu schützen, baue ich nun eine Lederhülle!
Alles beginnt mit einem Plan:
Die Tasche soll aus 2 Lederstücken bestehen, die mit einer Sattlernaht verbunden werden. Ich verwende Blankleder (Rind, Hals, naturfarben, vegetabil gegerbt, ca. 3mm dick. Sprich: Leder welches sich zum Punzieren eignet).
Reihenfolge:
Ich hab mir angewöhnt, bei allen meinen Lederprojekten zuerst die Reihenfolge aufzuschreiben (dies kann Aufwand und Ärger immens reduzieren). Also:
- Lederstücke ausschneiden
- Naht anzeichnen auf Lederstück B
- Verzierung auf Lederstück A punzieren
- Loch und Vertiefung für Druckknopf auf Lederstück B
- Beide Lederstücke färben
- Rillen für Deckelbiegung schneiden
- Druckknopf auf Lederstück B anbringen
- Stücke aufeinander kleben
- Nahtlöcher schlagen
- Stücke aufeinander nähen
- Leder wässern und Messer einstecken
- Loch und Vertiefung für Druckknopf auf Lederstück A
- Druckknopf auf Lederstück A anbringen
- Kanten verarbeiten
- Biegebereich fetten
Es geht los:
Die beiden Lederstücke sind ausgeschnitten. Die Rundungen sind mittels Schablone (Radius=10mm) gemacht worden. Die Naht wurde auf Stück B mit einem erhitzten “Reifeleisen” ca. 7mm vom Rand weg gemacht.
Mit einem nassen Schwamm habe ich Stück A gut angefeuchtet und dann ca. 3min gewartet. Eine Hilfslinie wurde angezeichnet, und zwar im gleichen Abstand wie die Nahtvertiefung (ca. 7mm vom Rand weg). Entlang dieser Linie hab ich außen mit einem Beveler-Punziereisen und innen mit einem Camouflage-Punziereisen (C431) gearbeitet.
Beide Lederstücke wurden gefärbt (ich verwende gerne Fiebing’s Pro Dye Farbe, hier Farbton “English Bridle”, welche ich mit einem Wollstab (sog. “Dauber“) in mehreren Schichten mit Kreisbewegungen aufbringe).
Tipp: Die Farbe sollte am Besten über Nacht trocknen, bevor ich in einem zweiten Arbeitsschritt eine dunkle Farbe in die Vertiefungen wische. Ich nehme dazu Fiebing’s Antique Finish (Dunkelbraun), wobei ich ordentlich Farbe auf die punzierten Stellen raufkleistere und mit einem Stofffetzen die erhabenen Bereiche wieder leicht abziehe.
Im Biegebereich habe ich mit einem Nutwerkzeug mehrere Nuten geschnitten.
Ein 3mm starkes Leder ist zu dick für die von mir verwendeten Druckknöpfe. Daher hab ich mit einem Dremel eine Vertiefung angebracht. Außerdem beugt das späteren Kratzern am Messer vor.
Nun hab ich den Druckknopf auf Stück B angebracht.
Um die beiden Lederstücke aufeinander zu kleben verwende ich einfachen Pattex-Kleber. Ein paar min. warten und fest aufeinander drücken.
Die Nahtlöcher wurden entlang der Nahtvertiefung mit einem “Prickeisen” mit diamantförmigen Zinken geschlagen. Damit das 4er Eisen wieder rauskommt habe ich es am Bienenwachsblock vor jedem Mal gewachst. Die Unterlage sieht man auf dem Bild nicht, hier verwende ich ein einfaches Kork-Laminat-Reststück.
Tipp: Man hat kaum eine Chance das 6er Prickeisen auf dem 6-7mm starken doppelten Leder wieder herauszubekommen. Auch das 4er macht schon eine gehörige Portion Arbeit. Das am Bild gezeigte Eisen ist von einem billigen Set vom Amazon (rund €10 für 4 Eisen). Die Zinken haben sich bei diesem Projekt mehrfach verbogen und sind so rau, dass das Rausziehen viel Kraft erfordert. Ich hab mir jetzt bessere Prickeisen bestellt und werde in einem der nächsten Postings berichten, ob sich die Investition gelohnt hat.
Es folgt eine Sattlernaht mit einem gewachsten Garn, wobei die Tasche in einem “Nähpony” eingespannt ist. Bei einer Sattlernaht brauche ich an beiden Fadenenden eine Nadel.
Eine “Ahle” erleichtert das Durchführen der Nadeln.
Tipp: Wie viel Faden brauche ich? Faustformel:
Fadenlänge = Lochanzahl * Faktor + 2*Fadenende + Reserve
Bei ~7mm starkem Leder nehme ich Faktor 2.4.
Als Fadenende soll mir je 20cm bleiben.
D.h.: 84 Löcher * 2.4 + 2*20cm + 10cm => ~250cm
Nasses Leder lässt sich toll formen. Zum Schutz der Messerklinge wickel ich diese in Frischhaltefolie. Ich tauche das Leder für ~1min. in Wasser und stecke dann das Messer in die Tasche. Reiben entlang der zu formenden Stellen formt das Leder. So lasse ich es über Nacht trocknen.
Der letzte Schritt ist das Anbringen vom Druckknopf auf Stück A. Die genaue Position kann ich erst zum jetzigen Zeitpunkt ermitteln.
Außerdem werden die Kanten geglättet: Ich schleife zuerst mit dem Schwingschleifer die Kante sauber, entgrate sie oben und unten mit einem “Entgrater” und versiegel sie mit Fiebing’s Edge Kote.
Damit der Biegebereich flexibel bleibt fette ich ihn ordentlich mit Lederfett.
Update: Die Rillen auf der Innenseite hab ich inzwischen noch weiter vertieft. Das erleichtert das Biegen von der Lasche.
Sehr cooles Projekt! Meinst du wäre es vorteilhaft, den Schritt des Lederformens (wässern und über Nacht trocknen lassen) statt mit dem echten Messer mit einer Atrappe aus Holz zu machen?
Ich hätte Sorge dass trotz der Küchenfolie Feuchtigkeit ans Metall kommt!
Das Werkstück bleibt eigentlich trocken. Außerdem wird das Ziehmesser eh sehr häufig geschärft und nach jedem Schärfen mit Ballistol geölt. Etwas Feuchtigkeit würde da auch nichts machen.